Brasilien – Let´s get loud!
Let´s get loud! So kann man Brasilien auch beschreiben. Der Brasilianer mag es laut. Richtig laut. Ich bin inzwischen eigentlich eher in einem Alter in dem ich beginne die Ruhe zu schätzen. Umso mehr schüttel ich hier jeden Tag den Kopf über die Dauerbeschallung! Jeder Laden hat eine Basswumme vor der Tür und lockt mit dröhnender Musik seine Kunden. Als Verkäuferin hätte ich nach spätestens einer Stunde hämmernden Kopfschmerz und wäre völlig genervt. Nicht aber das Verkaufspersonal hier. Lautstärke ist man gewohnt.
Denn sie begegnet einem überall! Wer was auf sich hält, der hat seinen Kofferraum mit Lautsprechern ausgebaut und sein Fahrzeug auf Diskowagen getrimmt. Musik laut aufgedreht geht es mit hämmernden Bässen dann durch die Stadt. Besonder „hip“ sind die Leute, die dann auch noch eine Lichtanlage mit eingebaut haben. Flackern zum Wummern des Basses. Mein Genervtpegel schießt allerdings in die Höhe, wenn sich mir so ein Wagen nähert. Ein probates Mittel dagegen habe ich allerdings noch nicht gefunden.Ich möchte wirklich nicht den Eindruck erwecken, ich hätte etwas gegen laute Musik. Ganz und gar nicht, aber man sollte sie zielgerichtet dafür einsetzen, wozu sie gemacht ist. Zum Tanzen zum Beispiel. Da bin ich gerne dabei und da darf dann auch gerne so richtig laut aufgedreht werden!
Aber doch nicht um jede Matratze und allen anderen Firlefanz zu bewerben….Und als ob das noch nicht gut Lautstärke an jeder Hausecke wäre, gibt es hier auch mobile Werbefahrzeuge. Die machen den ganzen Tag nichts Anderes, als die Straßen rauf und runter zu fahren und ihre dröhnenden Kaufbotschaften runterzuspulen. Besonders lustig, wenn sich mehrere Fahrzeuge in unmittelbarer Umgebung befinden.
Mit immer den gleichen Jingles, immer mit den gleichen 2min. Wiederholungen. Jeden Tag ab Schlag 8 Uhr! Straße hoch, Straße runter. Die Fahrer tragen Ohrstöbsel sonst wären sie wahrscheinlich auch recht schnell mischugge. Als Anwohner kann man sich dem Gedröhne leider nicht so leicht entziehen. Isolierte Fenster oder dicke Wände gibt es ja nicht und so hört man diese Fahrzeuge durch alle Räume hindurch. Ich trage allerdings auch regelmäßig einen Lautstärkeschutz, damit ich beim Arbeiten meine Ruhe habe. Ganz verwunderlich finden wir den Gottesdienst hier.
Ein Mal war es so laut, dass wir dachten, dass kann doch jetzt keine Predigt mehr sein. Die Pfarrerin hat ohne Witz ganze 45min innbrünstig ins Mikrofon geschriehen. Wer sanfte Gottesdienste aus evangelischen Kirchen gewohnt ist, für den wirkt es sehr befremdlich. Mutters Moralpredigt war ein Witz dagegen!Und auch unsere brasilianischen Nachbarn nehmen es mit Rücksicht und angepaßter Lautstärke nicht sonderlich ernst. Sobald sie daheim sind läuft der Fernseher und das in einer Lautstärke, dass man selbst 3 Räume weiter meint, man sitze direkt vor der Kiste. Besonders schön ist es in der Werbung, die ist nämlich noch mal 5 Stufen lauter, als eine normale TV-Serie. Aber ich sag euch, ihr wollt nicht daheim sein, wenn die Nachbarin sauer ist. Geschlagene 2h hat sie ihrem Parner mal eine Standpauke gehalten, nachdem er offensichtlich betrunken nach Hause gekommen ist. Da zeigt sich dann das volle Temperament der Frauen hier. Ich schwöre auch, dass er in der gesamten Zeit nicht 1x zu Wort gekommen ist. Nach der Kinoreifen Ansage hätte ich als Mann kein Interesse mehr an derart temperamentvollen Beziehungen. Was mich immer zusammen zucken läßt sind die Schüsse! Aber keine Sorge, da wird niemand verletzt. Mit einer Art Rohr wird in die Luft geschossen, wenn man Aufmerksamkeit braucht. Allerdings hab ich das am Anfang auch nicht gewußt und bin immer fürchterlich erschrocken zum Fenster gerannt. Während einer Demo hab ich dann mal beobachtet was vor sich geht und wie diese Schussgeräusche zu stande kommen:
Und dann wären da noch die ganz normalen Alltagsgeräusche vom Verkehr. Motoren von Autos, hupende LKWs, das aufheulende Fahrwerk von Motorrädern und das dumpfe Grollen der Busse. Wir reden hier übrigens nicht von normalem Busverkehr. In dieser Stand sind allein fast 300 Minen-Busse im Einsatz, die bis auf wenige Nachtstunden fast rund um die Uhr hier durch rattern. Ab 3:30 Uhr hört man ihren dumpfen Sound. Ab 4 Uhr bin ich regelmäßig wach. Ab 5 Uhr geb ich´s auf schlafen zu wollen.Ich entwickle bei all dem Lärm hier, so langsam einen Tinitus im Gegensatz zu den Brasilianen die Lärm nicht Geringsten zu stören scheint. Die können anscheinend vor den größten Lautsprecherboxen friedlich schlafen.