Als ich hier in Brasilien angekommen bin, haben wir die ersten zwei Monate in einem Hotel gelebt und uns dort auch grundsätzlich sehr wohl gefühlt. Angenehmer europäischer Standart, ein freundlich geführtes Haus und ein gutes Frühstücksbuffet. Doch 16 qm für 2 Personen war auf Dauer keine Lösung. Eine neue Bleibe zu finden, war für uns allerdings eine ziemliche Herausforderung.Möblierte Wohnungen, das wussten wir, gibt’s hier ohnehin fast gar nicht. Dazu kam, dass wir Beide kein portugiesisch sprechen, mein Freund 6 Tage in der Woche auf der Baustelle ist und wir auch keinen Ansprechpartner vor Ort hatten. Die Immobilienagenturen deren Mailadresse ich auf Plakaten fand, reagierten ausnahmslos nicht auf meine Anfragen, obwohl ich sie ins Portugiesische übersetzt hatte. Vor lauter Verzweiflung schrieb ich mir einen Zettel mit meinem Anliegen und fuhr das Viertel ab, um doch noch irgenwie eine Wohnung für uns zu finden. Aber die Maklerbüros waren weder besetzt noch gab es an ihrer Tür eine Öffnungszeit oder einen Briefkasten für meine Nachricht. Also keinerlei Möglichkeit mit irgendwem in Kontakt zu treten. Anrufen konnte ich ja nicht, da ich die Sprache nicht beherrsche. (Dazu mehr am Ende des Artikels)Ich hatte das Thema schon fast abgeschlossen und uns im Hotel dahinfristen sehen, als uns über einen Kollegen ein Apartment angeboten wurde. Wohnung im dritten Stock in einem recht neuen Gebäude, an der Hauptstraße – nicht optimal, aber immerhin mit 80 qm ausreichend groß für Zwei. Und sogar die Möbel konnten übernommen werden. Inzwischen wusste ich auch, in welchen Zustand Wohnungen hier oft sind und war aufs Schlimmste gefasst vor der Besichtigung.Doch zu meiner Überraschung fanden wir ein helles, freundliches und recht geschmackvoll eingerichtetes Apartment vor. Für Carlos den Vormieter endete das Projekt hier und er wollte sich auch von den Möbeln trennen. Für uns passte es mit der Wohnung und wir wurden uns auch schnell einig über Möbelübernahme und Einzugstermin. Einem Umzug zum 1 Juni stand also nichts mehr im Weg.Nur leider ist das mit Terminabsprachen in Brasilien auch so einen Sache. Der Termin verschob sich also bis Mitte Juni, weil Carlos sich „verkalkuliert“ hatte. Ich konnte es kaum mehr abwarten, dem beengten Hotel zu entfliehen und endlich, endlich in unsere neue Wohnung einzuziehen. Umso größer war der Schock beim Betreten der neuen Bleibe. Denn Carlos hatte es anscheinend nicht mit Sauberkeit, Hygiene oder einer anständigen Übergabe. Was wir fanden kann man gut und gerne als siffige Bude bezeichnen. Ich war entsetzt in welchem Zustand die Wohnung jetzt war. Carlos hatte all seinen Dreck von stinkender Arbeitskleidung über abgelaufene Lebensmittel bis hin zu seinen Bierflaschen einfach stehen gelassen. Alles war staubig, die Abflüsse verstopft, der Müll lag rum und die ganze Wohnung stank wiederlich. Ich hätte vor Ekel brechen können und vor Verzweiflung heulen.Unserem Vermieter war es schlicht egal, wie es aussah und wie wir damit klar kommen. Er sah sich nicht verantwortlich und auch Carlos der Vormieter meinte nur lapidar, was wir denn hätten. Alle erklärten uns, es sei normal in Brasilien, das Wohnungen in einem derartigen Zustand übergeben werden. Das ist zwar schade, sei aber so.Die eigens engagierte Putzfrau, die wir im Personal unseres Hotels ausfindig gemacht hatten und die uns helfen sollte, erschien natürlich nicht zum vereinbarten Termin. Ohne Absage oder Rückmeldung und das obwohl wir ihr eine mehr als fürstliche Bezahlung in Aussicht gestellt hatten. Wohl trotzdem nicht genug Anreiz, sich an einem Sonntag aus dem Bett zu bequemen. Auch sie ist ein sehr gutes Beispiel für Termintreue und Worthalten hier.Die Grundreinigung der Wohnung hat dann irgendwann ein professionelles Putz-Team übernommen, für das dann weder Carlos noch der Vermieter aufgekommen ist. Inzwischen ist der „Saustall“ behoben und wir haben uns das neue Heim ganz wohnlich gestaltet. In bunte Wandfarbe und Deko wollten wir allerdings nicht investieren, da wir ja nur für kurze Zeit hier leben, aber ein paar Pflanzen zur Verschönerung haben wir uns dann doch gegönnt. Und so sieht unser neues Heim jetzt aus:Das ist das Wohn- & Esszimmer mit Blick in die Küche. Rechts gehts ins Schlazimmer, in der Mitte befindet sich die Eingangstür und links geht es in die Waschküche.Unsere Couchecke mit „Ghotto-Booster“ und Sandsäcken vor der Tür, falls es mal wieder regnet. Die Verglasung ist für einen Außenbereich nämlich leider nicht geeignet. Beim letzten Regen hatten wir hier 60L Wasser in der Wohnung.Und das ist meine Schreibtischecke. Hier verbringe ich den Großteil meines Tages mit der Arbeit am Blog oder anderen Projekten. Einen Fernseher haben wir bewußt nicht, auch wenn man per Satellit sicher internationales TV empfangen könnte. Uns ist Fernsehen einfach nicht wichtig.Das ist unsere Waschküche. Sehr praktisch der Raum und durch die hohen Temperaturen ist die Wäsche auch innerhalb von 2-3h trocken. Übrigens waschen die Maschinen hier nur mit kaltem Wasser. Das ist unser zweiter Raum. Wir nutzen ihn als Ankleidezimmer und zur Aufbewahrung von Koffern und Büroordnern.
Unser ganz privater Bereich… unser Schlafzimmer. Die Pappe überm Bett schützt uns vor neugierigen Blicken aus dem Flur. Keine Ahnung was sich der Architekt dabei gedacht hat, ein Fenster dahin zu machen. Jeder im Haus hat diese „Luke“ zugegklebt oder einen Schrank davor gestellt. Und das ist unser Bad mit Dusche.
Für deutsche Verhältnisse mag es recht basic aussehen, für hier ist es nicht nur ein sehr guter Standard sondern sogar Luxus. Wir sind jedenfalls sehr froh darüber jetzt unsere eigene 4 Wände und viel mehr Platz zu haben.
In Auswanderersendungen belächelt man es ja immer, wenn Jemand ohne Sprachkenntnisse ins Ausland geht. Hier sollte noch gesagt werden, dass wir nur temporär im Land sind und wir schlicht nicht für jedes Land in dem Projekte sind, die Sprache lernen können. Mein Freund hat einen Dolmeterscher auf der Baustelle und kommt damit sehr gut klar. Ich lerne nur sehr mühsam eine neue Sprache und Portugiesisch mit dem Dialekt wie er hier gesprochen wird, macht es einem noch schwerer. Da das Lernen für mich nur frustrierend war, habe ich es irgendwann aufgegeben und behelfe mir seither mit Zettelchen schreiben. Also seht es uns nach, wenn wir immer noch kein Portugiesisch sprechen.