Ethik auf Reisen – Die miese Seite der Welt
“Ist es vertretbar in so ein Land zu reisen?” − diese Frage beschäftigt mich immer wieder. Wobei “so ein” immer recht breit gefasst ist. Mich schrecken Sicherheitswarnungen vom Auswärtigen Amt nicht davon ab, in Länder zu reisen, vor denen offiziell gewarnt wird. Ich wäre sonst nie in El Salvador gelandet. Hätte nie erfahren können, wie atemberaubend schön die Natur ist und wie unglaublich offen und lieb die Menschen dort sind. Was mich wirklich davon abhält in bestimmte Länder zu reisen, ist die Ethik mancher Staaten. Ich reise nicht, um alle Länder dieser Welt gesehen zu haben. Ich möchte Nationen, Staaten & Kontinente entdecken, um ihre Kultur, ihre Werte und Menschen kennen zu lernen. Und natürlich die Flora & Fauna zu bestaunen. Aber in der Tat, ist mir der Kontakt zu Menschen auf Reisen sehr wichtig und es vergeht keine Reise, wo ich diesen nicht suche. Deshalb mache ich mir bei der Auswahl meiner Urlaubsziele auch Gedanken, um deren ethnische Aspekte.So wollte ich lange nicht nach Indien reisen, wegen der Horrormeldungen über Vergewaltigungen. Dann habe ich recherchiert und rausgefunden, dass die Vergewaltigungsrate umgelegt auf die Einwohner, doch einiges relativiert. Und jetzt haltet Euch fest, denn demnach hat Deutschland eine doppelt so hohe Vergewaltigungsrate wie Indien. Diese Information hat mich fast umgehauen und ich denke, die wenigsten wissen das. Was dort passiert verurteile ich immer noch aufs Schärfste, aber ich würde jetzt nach Indien reisen. Auch habe ich mich mit Menschen ausgetauscht, die in Indien unterwegs waren oder dort gelebt haben. Und auch das hat mein Bild entscheidend verändert und dazu beigetragen, dass ich jetzt weiß, wie man sich dort verhalten sollte, um sicher zu reisen.Aber es gibt natürlich noch unzählige Beispiele für Länder die meiner Wertewelt nicht standhalten. So lehne ich es zutiefst ab, wenn Frauen keinerlei Rechte haben, wenn Wale bestialisch abgeschlachtet oder Kinder gezielt ermordet werden.Ich sehe das so: Als Reisender bringe ich Geld ins Land und unterstütze damit die Volkswirtschaft aka auch die Regierung. Und so lange die keinen Einfluss nimmt oder selbst ihr Handeln ändert, gibt es von mir kein Geld und auch keine mediale Unterstützung. Denn jede Reise wird heutzutage ja auch von SocialMedia begleitet und animiert vielleicht zum Nachreisen.Ich erkenne sehr wohl an, dass es in vielen Ländern Probleme gibt, die sich so einfach nicht lösen lassen. Die religiöse, geschichtliche oder traditionelle Ursachen haben und deshalb begründet von vielen in Frage gestellt werden.Meine geschätzte Mutter zum Beispiel reist in keine Länder, in denen es Slums gibt. Und das obwohl es Armensiedlungen überall auf der Welt und inzwischen sogar in Berlin gibt. Ich denke nicht, dass man sich vor Armut verschließen sollte. Denn gerade da, kann der Tourismus zum Wandel & gegenseitigen Verständnis beitragen. Was ich persönlich in Afrika oder Brasilien erlebt habe.Für mich dürfen es demnach sogar sehr gerne Länder sein, die in unserer Wertewelt als Drittland oder Schwellenland bezeichnet werden. Weil ich mit meiner Reise dann vielleicht die Lebensumstände der Menschen verbessern kann. Weil ich durch Social Media die Möglichkeit habe, mehr Menschen für ein Land zu begeistern, selbst wenn es arm ist und das ist eben mein Beitrag zu Ethik auf Reisen.Andererseits haben mich auch schon Staaten auf Grund ihrer Werte so sehr fasziniert, dass ich sie bereisen möchte. Costa Rica zum Beispiel, denn dort legt man gesteigerten Wert auf den Tierschutz. So wurden zum Beispiel alle Zoos geschlossen und die Tiere in die Freiheit entlassen. Siehe Link.Oder das Beispiel „Uruguay„: Der ehemalige Präsident des Landes ist mein Vorbild und wegen ihm habe ich das Land in Südamerika bereist. Seine Ansichten, Visionen und seine Lebenseinstellung faszinieren mich und ich wollte herausfinden, wie sich das auch in Uruguay selbst wiederspiegelt.
Ich akzeptiere, dass jeder seine eigenen moralischen und ethischen Werte festlegt. Jeder muss selbst wissen, was er vertreten kann. Bis wohin er noch in den Spiegel schauen kann und will. Ich wünsche mir einfach, dass man auch beim Reisen hinterfragt, ob es vertretbar ist. Natürlich kann man argumentieren, dass man ja nur ein kleiner Reisender ist, der an der politischen Lage nichts ändern wird. Aber vergleichen wir das doch mal mit einem Einkauf von Kleidung, die von Kinderhänden genäht wird. „Wenn ich diese Hose jetzt nicht kaufe, dann ändert sich für das Kind trotzdem nichts“. ABER Du vergißt, dass du eine(r) von VIELEN sein kannst. Wenn Millionen Menschen diese Hose boykottieren und den Hersteller zu besseren Arbeitsbedingungen drängen, dann ändert sich auch etwas für das Kind. Und genau das ist schon überall auf der Welt passiert und hat zur Verbesserung von Arbeits und Lebensbedingungen geführt. Auch im Tourismus! Überdenke wie es wäre, wenn wir alle unseren Unmut über Menschenrechte und Tierquälerei kundtun. Wieviel könnten wir erreichen, wenn wir alle endlich für eine bessere Welt einstehen könnten, als nur egoistisch an uns zu denken?
Oder wie Ghandi sagen würde:
„Be the change you want to see in the world!“
Wie seht ihr das?
Reist ihr überall hin, weil ihr Lust darauf habt oder wählt ihr eure Ziele auch moralischen Grundsätzen aus, so wie ich?
Begriff: Ethik ist die Lehre bzw. Theorie vom Handeln gemäß der Unterscheidung von gut und böse. Gegenstand der Ethik ist die Moral. Die griech. Die Begriffe „Ethik“ (vom Griechischen „ethicos“) und „Moral“ (vom Lateinischen „mos, moris“) sind ähnlich. Beide bedeuten in etwa „Sitte“ oder „Handlungsregel“ und beziehen sich auf das Verhalten, das sich in einer bestimmten sozialen Situation gehört.
Achtung, Statistiken ändern sich jedes Jahr. Was zu meiner Recherchezeit galt, muss heute nicht mehr gelten. Macht euch bitte selbst auf die Suche nach aktuellen Zahlen & vergleicht verschiedene Quellen.