Gute Länder. Böse Länder – Was ich in El Salvador übers Reisen & die Welt lernte
Immer wieder wird uns durch Politik und Medien suggeriert es gäbe auf dieser Welt gute Länder aber auch die, die gaaaanz, ganz böse sind. Wo man mit Betreten der Straße quasi schon direkt ausgeraubt, willkürlich verhaftet oder direkt umgebracht wird. Aber ist dem wirklich so? In diesem Beitrag berichte ich über meine erste Erfahrung mit einem solchen „Schurkenstaat“ und zeige dir auch in Bildern, was mich Böses erwartet hat.
Nein, natürlich nicht! Sondern ich möchte dir zeigen, dass die Welt abseits der Medien oft eine ganz Andere ist!
Reisen verändert
Reisen verändert und viele Länder haben mich im Laufe meines Lebens geprägt, anders denken lassen oder mir einen neuen Sichtwinkel geschenkt. Ich bin dankbar für all die Guten, aber auch die lehrreichen Erfahrungen, die ich unterwegs machen durfte. Denn letztlich waren sie es, die mir geholfen haben, ein anderes Bild über Menschen, Kulturen oder Religionen zu bekommen.
Von Reisewarnungen und Facebook-Posts
Ein Land was mich tief bewegt und mit einem weinenden Auge zurück gelassen hat, war El Salvador. Eigentlich eines der Reiseziele wohin dich deine Eltern nie hingehen lassen möchten, bei dem dich deine Freunde für bekloppt halten und das Auswärtige Amt warnt. Ich wollte trotzdem hinreisen, weil ich ein super Flugschnäppchen dank eines Error Fare ergattert hatte. Für 350 EUR nach Zentralamerika, das passiert einem nicht so häufig im Leben und das mußte genutzt werden. Da ich diesen Preisfehler in einer schlaflosen Nacht entdeckt und sofort gebucht hatte, wusste ich auch gar nicht so recht, was mich vor Ort erwartet.
Der Shitstorm
Das bekam ich dann erst am Morgen unter meinem Facebook-Post zu lesen, indem ich fröhlich meine Freude über den Schnäppchenurlaub geteilt hatte. „Mädel bist du bescheuert?“, „Weißt du eigentlich was dich da erwartet?“, „Hast du die Warnungen vom Auswärtigen Amt nicht gesehen?“. So und noch viel anschaulicher prasselte es auf mich ein, als ich all die Kommentarflut las. Etwas eingeschüchtert, machte ich mich dann doch im Netz auf die Suche nach „El Salvador + gefährlich“. Ganz übel übrigens, wenn man dazu die Bildersuche anmacht. Und auch das Auswärtige Amt lies nicht viel Gutes erahnen.
Up and away
Ich flog trotzdem. Alleine als Frau und das nicht etwa als Pauschalreisende in eine All-Inclusive-Anlage, sondern als Backpackerin. Natürlich hatte ich einen heiden Respekt, um nicht zu sagen ziemlich Schiss. Aber hey, mein Budget reichte nicht für tolle 5 Sterne Anlagen und ich wollte mich auch nicht um Sonne und Meer bringen lassen, wegen dieser Unkenrufe. Für die ersten Nächte hatte ich mir eine Airbnb Unterkunft am Meer in El Zonte gebucht und fuhr mit dem Taxi vom Flughafen dahin. Die restliche Reise wollte ich mir vor Ort zusammen buchen.
Der erste Kontakt mit der Realität
Am ersten Morgen nach meiner Ankunft erkundete ich den Ort, spazierte am Strand, schlenderte durch die Gassen, kehrte in Restaurants ein und lerne auch die ersten Leute kennen. El Zonte ist, wie fast die gesamte Küste, ein Paradies für Surfer und entsprechend coole und relaxte Leute waren hier unterwegs. So viel es mir auch überhaupt nicht schwer, hier Anschluss zu finden.
Ich lernte zwei junge El Salvadorianer kennen, wir verbrachten den ganzen Tag und Abend zusammen und quatschten über Stunden von Gott und der Welt. Sie zeigten mir ihre Lieblingsbars, den besten Sundowner-Spot und ich bekam jede Menge Tipps für ihr Land.
Natürlich sprachen wir auch über Kriminalität, wo diese stattfand und wie man sicher durch El Salvador reist. Aber sie machten mir auch Mut, ihrem Land aufgeschlossen zu begegnen. Mich zwar an die Regeln zu halten, aber sonst einfach die Gastfreundschaft und Herzlichkeit zu genießen.
Anders als gewarnt
Und das Tat ich dann auch. Mit jedem Tag wurde ich mutiger, arbeitete mich mit Bussen von Ort zu Ort oder fuhr auch schon mal mit den Locals auf der Ladeklappe eines Buggy mit. Ich genoss die Hilfsbereitschaft der El Salvadorianer, ihr Interesse an Reisenden und die lebensbejahende Einstellung der Menschen im Land. Ich fühlte mich frei und verstand auch irgendwann überhaupt nicht mehr, warum alle Welt mich vor dieser Reise abbringen wollte. Das was ich hier erlebte, waren nur schöne Momente, tolle Landschaften, leckeres Essen und entspannte Menschen.
Unerwartete Hilfe
Ich erinnere mich an eine Situationen in der mir Hilfe angeboten wurde, weil ich scheinbar orientierungslos an der Straße stand. Ein netter Mann (der sich später als Zivilpolizist zu erkennen gab) kam auf mich zu und fragte, ob ich mein Hotel suchte. Damit ich sicher dort ankam begleitete er mich bis vor die Tür. Völlig unaufdringlich und nur aus reiner Höflichkeit.
Liebgewonnene Freunde
Ein anderes Mal saß ich hungrig im Restaurant, verstand die Karte nicht und lernte dadurch Anna und Dan kennen, ein einheimisches Ehepaar. Auch sie boten mir ihre Hilfe an und weil wir uns so gut verstanden, verabredeten wir uns am nächsten Tag zum gemeinsamen Sightseeing. Wir verbrachten den ganzen Tag miteinander und am Abend luden sie mich sogar noch auf ihre Farm ein. Ich blieb zwei Nächte und als sie mich am dritten Tag zurück zum Bus brachten, brachen wir alle in Tränen aus. Wir hatten uns so gern gewonnen und der Abschied fiel unendlich schwer.
Mit Locals unterwegs
Aber in San Salvador erwarteten mich schon meine zwei Kumpels, die ich am ersten Tag meiner Reise kennengelernt hatte. Sie wollten mir unbedingt ihre Stadt zeigen und auch mit ihnen verbrachte ich weitere Tage und lerne das Land aus der Sicht von Einheimischen kennen. Sie fuhren mit mir zu ihren Lieblingsplätzen, wir tranken gemeinsam, lachten gemeinsam und wurden mehr und mehr zu Freunden. Und als auch hier meine Zeit gekommen war und der Abschied anstand tat das richtiggehend weh. Noch nie hatte ich auf Reisen derartige Gastfreundschaft erfahren und das rührte mich (wieder mal) zu Tränen.
Der Abschied
Als ich El Salvador dann wieder verließ blieb ein Stück meines Herzens da. Aber auch die Lektion, dass man viel über eine Gegend lesen und hören kann, aber nur die eigene Erfahrung lehrt einen, wie die wirkliche Seele des Landes ist – abseits aller Statistik. Und El Salvador hatte für mich eine sehr gute – eine weltoffene, herzliche und willkommen heißende. Ich habe so viele, so wunderbare Menschen getroffen und mit ihnen eine so fantastische Zeit gehabt, dass ich noch heute gerne daran zurück denke.
Mein Learing
Wenn ich dieser Tage die Seiten des Auswärtigen Amtes studiere, dann lese ich die Zeilen differenzierter. Ich lass mich nicht mehr pauschal abschrecken oder von Meinungen einschüchtern. Ich habe gelernt, dass viele Länder große Sorgen oder gar Problemviertel haben – so wie bei uns inzwischen auch.
Trotzdem und das ist mir so wichtig, gibt es überall auf der Welt Menschen, die eigentlich nur friedlich ihr Leben leben wollen. Wie wir, möchten sie ihre Kinder glücklich aufwachsen sehen, sich sicher in ihrem Land bewegen und ein gutes Leben führen. Vieles von dem, was sich auf der Welt abspielt sind politische Konflikte oder Machtgehabe, aber der kleine „Mann“ will doch einfach nur leben und zufrieden sein.
Die Welt ist nicht grundsätzlich böse und gefährlich, auch wenn uns das oft durch die Medien suggeriert wird. Diese Lektion habe ich in El Salvador gelernt und auch, was Gastfreundschaft bedeutet.
Mich hat diese Reise geprägt, weniger auf die Meinung Anderer zu geben und mir selbst ein Bild zu machen. Zwar sind Sicherheitshinweise gut, richtig und wichtig, aber man muss sie eben kritisch betrachten. In welcher Region finden die Konflikte wirklich statt, betrifft es überhaupt Reisende und wie verhält man sich daraus ableitend?
Dinge, die ich auch auf allen Trips danach beherzigt habe und sehr gut damit fahre – von Lateinamerika, über Afrika bis nach Asien. Die Welt teile ich nicht mehr pauschal in gute und böse ein, weil uns das so diktiert wird. Ich differenziere zwischen Politik und den Menschen vor Ort und gebe gerne auch Ländern eine Chance, die auf der Hitliste der Reisenden nicht ganz oben stehen.
Und vielleicht hast du ja auch dieses eine Reiseziel im Kopf, wo dein Herz hinreisen möchte, aber dein Umfeld Panik schiebt? Im Besten Fall habe ich dich jetzt ermutigt, mal auf die Suche zu gehen und dich eingehender mit einem Land, seinen Problemen und Konflikten zu beschäftigen. Und wer weiß schon, ob du dabei nicht vielleicht rausfindest, dass du dahin sicher reisen kannst und den Schritt sogar wagst, so wie ich? (Falls ja, sag doch bitte Bescheid).
In diesem Sinne:
#get up & discover!
PS: Ich habe für diesen Beitrag bewußt nur Bilder von Menschen und nicht der Lanschaft rausgesucht, weil ich damit auch sichtbar machen wollte, welche wunderbaren Persönichkeiten mir auf meiner Reise durch El Salvador begegnet sind.
Mit diesem Beitrag beteilige ich mich an der Idee von Igor von 7Kontinte, einen Artikel zu verfassen der beschreibt, wie das Reisen mich verändert hat. Einen Impuls den ich gerne unterstütze, weil es ja auch genau mein Thema ist – sich von der Couch runter zu bewegen, eigene Erfahrungen zu machen und daran zu wachsen. Ich danke Igor für diese schöne Idee und hoffe ihr schaut auch bei ihm vorbei und lasst euch von den Geschichten der anderen Reisenden die zum „Projekt 360: Um die Welt, zu dir selbst“ geschrieben haben, inspirieren. Dazu folgt bitte dem LINK.
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