Bären, Kurven, Knattern – unterwegs mit dem Schneemobil in Schweden
“Oh, oh, der Radius wird immer größer. Verdammter Mist. Das ist eine Kurväääää. Ich will keine Stadionrunde drehen. Los jetzt. Zieh endlich rüber!“
Immer weiter drifte ich aus der Spur und damit weg von meiner Gruppe. Von den Leuten, die sich eben noch mit ihren Schneemobilen wie in einer Perlenkette aufgereiht, mit mir durch die Nacht geschlagen haben. Und offensichtlich das Fahrverhalten so eines Schneemobils besser beherrschen als ich. „Fräulein, reiß dich zusammen, das kann doch wohl jetzt nicht so schwer sein. Du hast einen Motorradführerschein, fährst Jet Ski und Quadbike.“ Vielleicht hätte ich ein paar Übungsdrifts mehr machen sollen, schießt es mir durch den Kopf, als ich endlich wieder in der Spur bin. Wir haben den zugefrorenen See verlassen, auf dem wir gestartet sind und bewegen uns jetzt auf schmalen Waldwegen immer tiefer hinein, in die schwedische Wildnis, rund um Arvidsjaur. Ich umklammere den Griff, mein Daumen presst sich auf den Gashebel, ich versuche der Gruppe zu folgen und verdammt noch Mal in der Spur zu bleiben. „Wie war das noch? Dahin gucken, wohin man lenken möchte.“ Aber ich sehe nur verflixt, mächtige Bäume!
Na, das kann ja heiter werden. Allerdings ist das nicht mein einziges Problem. Denn im Moment wird es nicht nur heiter, sondern auch noch heißer. Die beheizten Griffe sind auf -30 Grad Außentemperatur optimiert. Wir haben aber nur -8 Grad, was dazu führt, dass mir das Leder der Handschuhe unter den Fingern weg schmilzt. Wie um Himmels Willen dreht man das runter? Oder gibt dem Guide Lichthupe, damit der das abschaltet? Aber mir bleibt keine Zeit zum Sinnieren. Die Gruppe heizt voraus und ich versuche mitzuhalten. Das Adrenalin schießt mir durch den ganzen Körper, das Blut pocht in den Adern und mein Herz schlägt bis zum Anschlag. Nur nicht den Anschluss verlieren, bloß nicht aus der Kurve driften, ja nicht am Anstieg umkippen und schon gar nicht an einem Baum hängen bleiben.
Der schmale Weg windet sich durch den Wald, über uns leuchten die Sterne und angestrahlt vom Licht des Scheinwerfers funkeln die Eiskristalle des Schnees ….. Es könnte fast romantisch sein, wäre das jetzt eine Schlittenhundetour und nicht ich allein, auf einem lärmenden, 125 PS starken und 200 kg schweren Schneemobil. Wir „donnern“ also weiter durch die Nacht und dabei zeigt die Tachonadel gerade mal 40km/h an. Mir reicht das schon vollkommen und ich frage mich, wie die Waldbewohner diese nächtliche Ruhestörung so finden. Ich würde ganz schön doof gucken, wenn ich als Bär aus meiner Schneekuhle aufgeschreckt werden würde und eine Horde Wildgewordener auf ihren Spaßmobilen an mir vorbei knattert.
Wir erreichen eine Lichtung. Wieder einer dieser tausend tiefgefrorenen Seen, dessen Ausmaße im kargen Licht des Mondes gar nicht auszumachen sind. „Tobt Euch aus, fahrt die Kisten aus, drückt mal ordentlich drauf“ – lautet die Aufforderung an uns. Und kaum ist diese ausgesprochen, sehe ich nur mehr die Rücklichter meiner Gefährten. Und nach zögerlichem „Rumcruisen“, will auch ich es nun endlich wissen. Das Ding ist durchzugsstark und bissig. Ich katapultiere mich auf 80 km/h, es drückt mir das Wasser aus den Augen und ich habe Schweißperlen auf der Stirn. Aber was soll ich sagen: Leider geil!