Südafrika Ι Cederberge – Oase der Ruhe und Schönheit
So romantisch Meeresrauschen auch beschrieben wird, ich kann dem dumpfen Grollen nichts abgewinnen. Und manchmal sehnt es mich einfach nach absoluter Stille. Ich hab mir also ein Auto gemietet, habe die Kamera und das Mountainbike dabei und bin auf dem Weg in die Cederberge – zu meiner kleinen Ruhe-Oase. Mein Urlaubsziel ist eigentlich nur 2h Fahrt von Kapstadt entfernt, aber was heißt das schon für eine Hobbyfotografin, die an jeder Milchkanne stehen bleibt?
Südafrika – für mich- ist ein so spannendes, inspirierendes und kontrastreiches Land, das ich es schaffe, meine Anreise auf 6h auszudehnen. Wunderschöne Passstraßen, die sich die Berge hinauf schlängeln und auf ihrem Gipfel den Blick auf malerische Täler freigeben. Kleine Seen, die bezaubernd eingebettet sind in grüne Wiesen mit darauf weidenden Pferden.Ich genieße jede Minute und erreiche die Cederberge erst zur Dämmerung. Noch immer flimmert der Dunst der Tageshitze über den staubigen Straßen, lässt die Sonne den Sand und die Felsen in rotem Licht erglühen. Ich beschließe, etwas Gas zu geben, um mein Domizil noch im Hellen zu erreichen. Keine gute Idee, wie sich schnell heraus stellt. Mit guten 80 km/h fährt das Auto auf dem Kiesweg wie im Winter über Schnee und Eis, ich kann nur schwer die Spur halten und drifte aus der Kurve. Fliehkräfte intelligent eingesetzt, können allerdings auch verdammt viel Spaß machen, also schalte ich einen Gang runter und genieße fortan mit Bedacht.Mit den letzten Lichtstrahlen erreiche ich mein Backpacker, wo ich von Gerrit dem Besitzer schon erwartet werde. Und das „Oasis“ ist hier nicht nur ein gut klingender Name – es ist eine wahre Oase. Eine Oase der Stille, Einsamkeit und Ruhe. Noch beim Aussteigen schließe ich die Augen und atme tief, so als könne ich mit einem Atemzug ein neues Lebensgefühl in mich aufsaugen.
Später am Abend sitze ich mit Gerrit am knisternden Kaminfeuer, wir philosophieren über die Welt, was ihn hier leben lässt und mich hergeführt hat. Er beginnt mir eine Karte zu malen. Eine Besonderheit des Hauses. Jede Kurve, jede Felsformation und jeder markante Wegweiser im Umkreis finden darin Platz und sollen mir Orientierung geben. Und zu allem, gibt es noch eine Geschichte, eine Anekdote oder einen liebgemeinten Hinweis. Ich kann es kaum abwarten, zu starten.
Vor lauter Vorfreude finde ich keine Ruhe und streife noch durch den nächtlichen Garten, der nur durch das Licht des Mondes erhellt wird. Ich wandle entlang der duftenden Zitronenbäumchen, finde einen gemütlichen Platz im Gras, lasse mich nieder und bestaune diesen gewaltigen Sternenhimmel. Und dann nehme ich sie ganz bewusst wahr – diese einmalige Stille. Die allerhöchstens von einzelnen Tierlauten unterbrochen wird. Es ist wunderbar meditativ.Am nächsten Morgen dann, starte ich mit dem Rad, immer der Karte folgend die Sandstraßen hinauf und wieder hinab. Ich raste am Bächlein, hab die Füße im Wasser, esse mein Sandwich in der Sonne und genieße einfach die vollkommende Abgeschiedenheit. Ein Hochgenuss – kein Meeresrauschen, kein Autolärm, kein Handyklingeln, kein Internet, kein Facebook und absolut keine Erreichbarkeit. Ich merke, wie all das mir gut tut, ich zu meiner Gelassenheit zurück kehre und die Natur mich inspiriert.
Immer wieder greife ich zur Kamera und halte fest, was mich hier so fasziniert. Ein rostiger Traktor als Zeuge der Zeit, Bäume im malerisch bunten Gewandt des Herbstes und majestätisch anmutende Felsformationen. Ich radel, klettere herum und entdecke jede noch so kleine Sehenswürdigkeit von meiner Skizze. Ich fühle mich wie ein Abenteurer mit einer Schatzkarte bei der Suche nach dem Gold der Piraten. Doch was man hier in den Cederbergen findet, ist ohnehin mit Geld nicht aufzuwiegen. Denn diese Gegend gibt einem die Chance, wieder zu sich zu finden und all das Schöne, was unsere Welt uns bietet, wieder auch wahr zu nehmen.
Mit einem inneren Lächeln kehre ich also aus den Cederbergen zurück.
Ich habe all die spektakulären Felsformationen meiner Karte gefunden, bin auf Felsen rumgeklettert, habe die sagenumwogenen Zeichnungen der San (Ureinwohner) entdeckt und erinnere mich mit Freude an die Momente beim Mountainbiken zurück – als das Adrenalin auf den Abfahrten, in meine Venen schoss und der Fahrtwind mir die Glückstränen aus den Augen jagte.
So simpel staubige Wege und ein „paar“ Felsen auf manche Menschen auch wirken mögen, die wahre Magie dahinter entdeckt nur, wer mit offenen Augen durchs Leben geht.