Südamerika Tour – Devil’s Throat & Iguazú Wasserfälle
Für meinen Ausflug auf die argentinische Seite der Iguazú Wasserfälle habe ich mir einen Tour gebucht. Ich hatte einfach keine Lust auf lange Wartezeiten oder komplizierte Abläufe an der Grenze. Über mein Hostel auf der brasilianischen Seite habe ich mir den Ausflug organisiert. Der Start ist auf 9 Uhr angesetzt und gegen späten Nachmittag sollten wir wieder zurück sein.Ich starte gerne gemütlich in den Tag, also habe ich mir den Wecker auf 7:30 Uhr gestellt. Zudem bin ich „deutsch“ und dazu gehört eben auch Pünktlichkeit wenn man an gemeinschaftlichen Ausflügen teilnimmt. Ich habe also genügend Zeit eingeplant die Sachen für den Tag zu packen, sich zurecht zu machen und auch noch in aller Ruhe zu frühstücken. Kurz vor 8 dann plötzlich der Schreck. Die Hostelmanagerin reißt die Tür auf und fragt wo ich sei, der Tourguide wartet. Ich stotter, dass ich ja noch jede Menge Zeit habe, da es doch gerade erst 8 Uhr ist und 9 Uhr ausgemacht war. Mit 9 Uhr habe ich völlig Recht. Nur nicht damit das es erst 8 Uhr ist! Die Uhr auf meinem Handy hat sich übers Wlan neu gestellt muss ich mit entsetzen feststellen. Immerhin geduscht bin ich und so werfe ich noch schnell meine Sachen in den Rucksack und starte ohne Frühstück und in völliger Hektik in den Tag.Im Bus entschuldige ich mich für das Missgeschick bei den 4 Damen die ebenfalls die Tour gebucht haben. Wie sich raus stellt alles sind wir heute eine rein deutsche Gruppe mal abgesehen von unserem Guide. Wir tauschen Namen, Reise-Intension und Erfahrungsberichte. An der Grenze angekommen kümmert sich der Guide um die Formalien. Wir müssen nur den Pass abgeben. Für so Tagestrips mit Touranbieter gelten anscheinend eigene Regeln. Man will uns nicht sehen, es werden keine Formulare von uns ausgefüllt und Stempel gibt es auch keinen. Uns ist es Recht denn die Zeit nutze wir lieber intensiv zur Entdeckunstour an den Fällen.Der Parkeingang auf der argentinischen Seite ist wesentlich schlichter gehalten. Unser Eintritt ist schon bezahlt und so geht es direkt auf den Trail (Trampelpfad) durch den Park. Nachdem ich gestern schon die brasilianische Seite besucht habe, kann ich mir kaum vorstellen, dass die argentinische so viel anders sein soll. Es sind ja die gleichen Fälle. Doch weit gefehlt.Mit erreichen des ersten Aussichtspunkts stockt mir der Atem. Hier auf der argentinischen Seite ist man viel näher dran an den Fällen, man begreift ihre Mächtigkeit und ihre beeindruckende Stärke viel intensiver. Der Rio Iguazu der Grenzfluss der sich hier ergießt hat derzeit durch starken Regen einen sehr hohen Wasserstand, was dazu führt, dass das Wasser sehr aufgewühlt und braun gefärbt ist. Ich hatte das ja am Vortag schon beobachtet. Hier auf der argentinischen Seite wo man sich auf Stegen entlang der Fälle bewegt sieht man sehr genau, dass der Wasserpegel deutlich über normal steht. Die Bäume und Pflanzen stehen in vielen Teilen im Wasser und werden von dem reißenden Fluß umspült. Wir laufen durch den Nationalpark und immer wieder gibt der dichte Dschungel einen atemberaubenden Blick auf die Fälle frei. Bis zu 270 Wasserfälle gehören zu den Iguazu Fällen. Sie tragen Namen wie Zwillingsfälle, Adam, Eva oder El Diabolo (der Teufel).Zum Teil stehe wir direkt über dem Abgrund und unter uns ergießt sich das Wasser in die Tiefe. Die Szenerie erinnert mich an den Pixar Streifen „Oben“, in dem auch Fälle in Südamerika gezeigt werden. Aber das hier ist kein Zeichentrickt, das ist real und so viel gewaltiger und großartiger als ich es mir ausgemalt hatte. Ich war nie ein riesen Wasserfall Jünger und fand bisher immer alle nur „ganz nett“, aber Iguazu verlangt mir Respekt ab.Die Stege sind aus stabilem Gitternetz angelegt und man sieht das Wasser unter einem vorbei rauschen. Ich habe so meine Zweifel über die Konstruktion zu laufen. Wenn man sieht mit welcher unbändigen Kraft die Natur hier ihre Gewalt freisetzt und auch noch über das reißende Wasser läuft, dann ist es schwer an die Stabilität von Brücken zu glauben. Zumal unser Guide auch noch erzählt, dass eine Brückenkonstruktion mal weggerissen wurde. Ich überlege mir in welche Richtung ich flüchten würde. Der kürzere Weg auf die Insel oder die lange Strecke bis ans Land? Kein schöner Gedanke. Ich versuche darauf zu vertrauen das der neue Steg stabiler konstruiert wurde.Staunend stehen wir wieder alle an der Kante der Fälle. Keinen in der Gruppe lässt die Szenerie hier unberührt. Immerhin rauschen an uns gerade 7000 Liter Wasser in der Minute vorbei, stürzen sich bis zu 80 m in die Tiefe und gehen in einer Wolke feinster Wasserperlen auf. Die Gischt wird uns immer wieder auch um die Ohren gefegt.Unser Guide mahnt zur Eile als ich ihn nach einer Frühstückspause an einem der Shops frage. Mein hungriger Magen knurrt, da aber der untere Trail auf Grund der Wassermassen kurz vor der Schließung steht, bittet er mich noch etwas mit dem Essen zu warten. Wir steigen also hinab und stehen dann auch schon vor einer riesigen Wand aus Wasser. Ohne Regencape ist man hier innerhalb von einer Minute komplett geduscht. Ich traue mich bis vor an die Kante und hier nutzt auch das Cape nicht mehr viel. Meine Schuhe laufen voll Wasser, die Kaputze weht es nach hinten und die Dusche ist perfekt. Es ist warm und so macht mir diese Abkühlung nicht viel aus. Der Rest der Gruppe wartet in sicherem Abstand und bestaunt aus der Ferne, was ich ganz nah erlebe.Hier ganz in der ersten Reihe direkt unterhalb der Fälle ist die pure Kraft dieses Ortes spürbar. Hier erlebt man die Ureinergie die unseren Planeten formte und bis heute zeichnet. Das Donnern des Wassers ist so laut, dass man nichts anderes mehr wahr nimmt.
Kurz schließe ich die Augen um die Gefühle die dieser Ort auslöst zu intensivieren. Um alles ganz bewusst wahr zu nehmen. Von dem Wind und der aufgewirbelten Feuchtigkeit die mir um die Nase pfeifen, über das ohrenbetäubende Niederdonnern des Wassers bis hin eben zu der Kraft dieses Ortes. Ein sagenhafter Ort und ich kann mir sehr gut vorstellen welche Ehrfurcht die Menschen seit Generationen vor diesen Fällen haben. Nicht umsonst heißen sie „großes Wasser“.
Nach meinem kurzen Moment als Teil des Schauspiels zieht es mich ins Trockene zurück und wir steigen wieder hinauf zum Restplatz mit den Restaurants. Hier werden wir von einer Familie von Waschbären überrascht. Wie schon am Vortag begeistern mich die Jungtiere. Sie rumtollen zu sehen erweicht einfach jedes Herz.Als nächstes steht für uns die Zugfahrt durch den Park zum sagenumwogenen Fall „Devil’s Throat“ an. Die Teufelsschlucht soll das Highlight der Fälle sein. Ich genieße aber erstmal die Bummelbahn. Unser Guide kommt seit 15 Jahren hier her und ist inzwischen ein Fuchs im Wissen um die besten Aussichtspunkte oder Sitzplätze in der Bahn. Auf dem Hinweg hinten und auf dem Rückweg vorne, so ist man den anderen Touristen immer einen Schritt voraus.Die Bahn schlängelt sich am Fluss entlang und in dem Tempo in dem sie sich bewegt könnte man gut und gerne nebenher joggen. Aber genau das macht auch das Erlebnis aus. Und so genießt jede Einzelne von uns diese kurze Fahrt. Zumal wir auch froh sind mal nicht im Laufschritt durch den Park zu hechten, nach dem Mittag einen Pause zu haben und hier etwas Erholung zu finden.Nach der Zugfahrt geht es über Laufstege wieder über den Fluss. Wieder steht man direkt über den reißenden Wassermassen, begreift man die ungezähmte Natur und ihre wilde Schönheit. Am Ende des Stegs ist eine Art Insel angelegt und erst als wir diese Plattform betreten stockt uns gemeinschaftlich der Atem.Wie in einem riesigen Schlund (deshalb auch Devil’s Throat) scheint der sich ergießende Wasserfall hier im Nichts zu verschwinden. Die Fälle sind hier so gewaltig, dass das Wasser zu explodieren scheint und sich riesige, einer Staubwolke ähnliche Luftwassergemische bilden. Immer wieder steigen diese nach oben und peitschen uns als kalter Regen entgegen. Ein gewaltiges Schauspiel. Gefesselt stehe ich am Abgrund und versuche zu erfassen, welche Naturgewalten hier freigesetzt werden. Die Natur ist hier so intensiv, so spektakulär und so unbeugsam, dass mir schlagartig wieder bewusst wird, wie nichtig ein Mensch doch dagegen ist.Niemand der hier aus welchem Grund auch immer und auf welche Art auch immer im Wasser schwamm konnte sich je retten, erklärt unser Guide. Anders als bei den Niagarafällen war auch noch niemand so irre sich hier in einem Holzfass in die Tiere zu stürzen. Ich kann mir nur allzu gut ausmalen, dass man hier keine Überlebenschance hätte. Der Name El Diabolo kommt nicht von irgendwo her. Wieder kostet es mich Überwindung über den Steg zurück zu laufen. Ganz besonders wenn man die Reste des alten Stegs sieht und eben noch diese Urgewalt erlebt hat.
Aber alles geht gut und auf der Rückfahrt mit der Bummelbahn ist jede von uns Mädels geradezu geflashed und wir sind uns einig, dass die argentinische Seite definitiv die Spektakulärere ist. So schön der Panoramablick von Brasilien aus war, diese Vorführung hier ist nicht zu toppen.Todmüde geht es zurück ins Hostel und ich finde auch mich bestätigt in der Aussage der Hostelmanagerin, dass die Fälle müde machen. Als ich um 8 Uhr schon wieder im Bett liege, brauche ich mich über das Kopfschütteln meiner Zimmermitbewohnerin echt nicht wundern. Mir ist´s egal. Ich muss dieses Erlebnis erst mal sacken lassen, so beeindruckend war es. Noch dazu nutze ich lieber die Tage zum Entdecken als mir die Nacht in Bars um die Ohren zu schlagen.
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